In letzter Zeit gibt es wieder Diskussionen um die Umgestaltung der B9 in Bingerbrück. Wir möchten auf diese politische Diskussion nicht genauer eingehen und überlassen die Detailplanung fachkundigen Expert*innen.
Bei der Planung gibt es allerdings ein paar einfache Grundsätze, um zu überprüfen, ob diese wirklich zukunftsgerichtet ist: Dies ist der Fall, wenn der für den Radverkehr vorgesehene Raum so gestaltet ist, dass man guten Gewissens 8-jährige Kinder oder 80-jährige Senior*innen dort fahren lassen kann. Genau diese Anforderungen werden von der aktuellen Planung in Bingerbrück nicht berücksichtigt. (Mehr dazu vom ADFC: https://bw.adfc.de/artikel/schutzstreifen )
Auf einer derart viel befahrenen Straße fallen Fahrbahnmarkierungen („Schutzstreifen“ für den Radverkehr) nicht unter das, was die Grünen in ihrer Pressemitteilung als „beste Infrastruktur“ bezeichnen. Ähnliche Schwierigkeiten bestehen auch z. B. im geplanten Kreisverkehr (Einfädelung des Radverkehrs) oder auch in der fahrradgerechten Ausgestaltung der Anbindung Drusus-/Koblenzerstraße Richtung Büdesheim.
Wir haben leider nicht den Eindruck, dass in Bingen ein ernsthaftes Interesse besteht, nachhaltige (und damit auf die Klimaziele ausgerichtete) Mobilitätsformen (die zudem den schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen entgegenkommen) zu fördern. Darüber hinaus sind wir erstaunt, dass in Bingen immer noch keine konsequente Parkraumbewirtschaftung verfolgt wird, da Autos, sowohl ruhend als auch bewegt, mit enormen externen Kosten behaftet sind.
Zukunftsgerichtet wäre es, den Fokus zuerst auf Fußgänger*innen zu legen, dann auf Radfahrer*innen, schließlich auf den ÖPNV – und erst dann, mit Abstand, auf den individuellen PKW-Verkehr. Also in etwa das Gegenteil dessen, was gerade in Bingen geschieht.
„Beste Infrastruktur“ für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen würde bedeuten, dass ein erheblicher Anteil der aktuell vom (bewegten und ruhenden) PKW-Verkehr in Anspruch genommenen Flächen zu breiten Gehwegen und von der Straße baulich getrennten Radwegen oder zumindest Radfahrstreifen (als von der Fahrbahn abgetrennten Sonderwegen) umgewidmet werden müsste. Entsprechende Planungen sehen wir nicht.
Was die Debatte um den Radverkehr von Bingerbrück ab Hbf Richtung Trechtingshausen angeht: Der Radweg am Rhein (der formal kein richtiger Radweg ist) ist in der Tat landschaftlich schön, der Zustand (Oberflächenbeschaffenheit und Breite) allerdings auch überhaupt nicht optimal. Daher sollte aus unserer Sicht der Fokus auf eine Umwidmung und Ertüchtigung dieses Radweges gelegt werden, sowie eine gute Anbindung nach Bingerbrück sichergestellt werden. Welche Probleme sich aus der aktuellen Mehrfachnutzung (v. a. aus der Zufahrt zu den Kleingärten) ergeben, können wir fachlich nicht beurteilen.
Auch können wir nicht einschätzen, wie viele Bewohner*innen von dem zur Diskussion gestellten Stück Fahrbahnmarkierung ab Hbf auf der B9 betroffen sind.
Insgesamt nehmen wir die Debatte als Ablenkung von den tatsächlichen Problemen (s.o.) wahr.
Hintergrund unseres Statements:
Vorstoß der SPD (AZ vom 9.3.2023, online 8.3.2023): https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/kreis-mainz-bingen/bingen/spd-sieht-in-bingerbruecker-fahrradstreifen-keinen-sinn-2368952
Kritik am SPD-Vorschlag (AZ vom 14.3.2023, online 13.3.2023): https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/kreis-mainz-bingen/bingen/fingerhakeln-um-fahrradstreifen-auf-b-9-in-bingerbrueck-2378934
Dem Eindruck kann man leider nur zu 100% zustimmen. Man hält sich einen Fahrradbeauftragten als Feigenblatt. Dieser hat leider keinerlei Weisungsbefugniss und die Verwaltung läßt Ihn am langen Arm verhungern. Viele Projekte (Bsp. Verschwenkung Bauer-Schorsch) werden verschleppt, zerredet und diskreditiert. Auch unser Projekt einer F/R Brücke zwischen Bingen und Rüdesheim wird blockiert wo es nur geht. Wir sollten uns einmal austauschen wie wir gemeinsam an den verantwortlichen Stellen mehr Druck aufbauen. Gruß Stefan Schweitzer