„Welche persönlichen Privilegien und Zukunftschancen opfere ich dem Kampf für die Zukunftschancen aller? [...] Die Dringlichkeit dieser Frage steigt mit dem Grad der eigenen Privilegierung.“



Tadzio Müller im "Interview 4 Future" vom 20.10.2022,
"Mechanismen des Zivilen Ungehorsams", ab ca. 1h 17min


Bingen am Rhein, 6. Januar 2023



Liebe Klima-Interessierte,



"2022 war ein sehr gutes und sehr schlimmes Jahr. Weiter arbeiten viele Politiker:innen und Entscheider:innen nicht mit der Geschwindigkeit, die wir für notwendig halten. Umso wichtiger, dass wir alle unsere Stimme erheben und unser Möglichstes tun – weil auch wir Verantwortung haben und mitentscheiden. [...]

Anfang 2019 kamen wir mit 27 000 weiteren Wissenschaftler:innen zusammen und schrieben: „Die derzeitigen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz reichen bei weitem nicht aus.“ Aber obwohl die Ampelkoalition in Deutschland vor einem Jahr angetreten war, um „mehr Fortschritt zu wagen“, ist dieser Satz unverändert wahr. Die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen geschieht mit atemberaubender Geschwindigkeit.

Noch können wir uns als Gesellschaft entscheiden, ob wir den bisherigen Weg fortsetzen oder in einer historischen Kraftanstrengung das Ruder herumreißen. Mit jedem Tag, den wir ungenutzt verstreichen lassen, schwinden jedoch unsere Handlungsoptionen.

Es geht längst nicht mehr um Einzelmaßnahmen, ob wir z.B. ein Tempolimit, mehr Windräder oder weniger Fleischkonsum brauchen. Wir brauchen eine umfassende Veränderung, eine Energie-, Bau-, Verkehrs-, Konsum-, Finanz-, Artenschutz- und Ernährungswende. Damit Geringverdienende nicht zu stark belastet werden, müssen Vermögende dabei mehr beitragen als bisher. Die beiden aktuellen internationalen Verhandlungsrunden zu Klima (COP27) und Biodiversität (COP15) haben uns auch hier in Deutschland eine klare Handlungsaufgabe gegeben.

Unsere Lebensweise muss zwei absolute Grenzen respektieren: die planetaren Belastungsgrenzen und das Recht auf ein Leben in Würde für alle (siehe „Leitprinzip“ in D. Nachhaltigkeitsstrat. 2021).

In Deutschland ist diese Legislaturperiode die Zeit für die entscheidenden Weichenstellungen. Diese sind jedoch bisher nicht erfolgt. Von dem angekündigten großen Aufbruch der Koalition, welcher Entschlossenheit in der Sache mit einer Mobilisierung für die Transformation verbinden wollte, sind nur Ansätze sichtbar geworden. Unter dem Druck der derzeitigen multiplen Krisen besteht die Gefahr, dass diese Legislaturperiode nur eine Fortsetzung eines schwach modifizierten Weiter-So wird. Dies wäre jedoch fatal, da damit entscheidende Meilensteine verfehlt würden. Je länger wir das Umsteuern hinauszögern, desto teurer und schmerzlicher wird die uns am Ende aufgezwungene Veränderung werden. Die Zeit zum Handeln ist jetzt und nicht später.

Solange das Ausmaß der Krise nicht wirklich verstanden wurde, werden notwendige Maßnahmen häufig als Zumutung empfunden. Informierte Bürger:innen hingegen tragen einschneidende Lösungspakete mit – das zeigte auch der Bürgerrat Klima in Deutschland.

Häufig fördern sich Lösungen zudem gegenseitig: So tragen z.B. Energiewende und Verkehrswende zu günstigen Energiepreisen, zum Klimaschutz und zur Entschärfung von Ressourcenkonflikten und Abhängigkeiten bei. Sie führen zu lebenswerten Städten, gesünderer Luft, neuen Jobs und einer krisenfesteren Daseinsvorsorge.

Die Erwartungen von Fridays for Future und anderen Bewegungen an eine ökologische Zeitenwende in diesem Jahrzehnt mögen hoch erscheinen: sie sind jedoch notwendig, gerechtfertigt und – noch – erfüllbar. Wir appellieren daher an euch als unsere Kolleg:innen: Setzt euch mit allen euch zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass wir uns als Gesellschaft in der nötigen Geschwindigkeit verändern! Nutzt Vorlesungen, Tagungen ebenso wie die Kaffee-Ecke, um Student:innen und Kollegen:innen über die Klima- und Nachhaltigkeitskrise zu informieren und für die anstehende Transformation zu begeistern. Kommuniziert in die Öffentlichkeit und lasst uns gemeinsam sichtbar bleiben!"





Dies ist ein Auszug aus dem Rundschreiben zum Jahreswechsel der Scientists for Future Deutschland. Wir nehmen uns diesen Appell zu Herzen und geben weiterhin unser Bestes in Bingen und überregional.

Und wir appellieren an Euch und Sie alle: Setzt auch euch, setzen auch Sie sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür ein, dass wir die fortschreitende Zerstörung unserer Lebensgrundlagen noch rechtzeitig ausbremsen. Jedes Zehntelgrad verhinderte Erderhitzung zählt. Redet/reden Sie mit Familie, Freunden, Bekannten, Kolleginnen und Kollegen, helft/helfen Sie mit beim Überzeugen: Eine bessere Welt für alle, als die, auf die wir gerade ungebremst zurasen, ist möglich.






Unterstützung für Lützerath

"Die Braunkohle unter dem Dorf Lützerath (Kreis Heinsberg) wird nicht benötigt, um die Energieversorgung in Deutschland sicherzustellen." Angesichts dieses Ergebnisses einer Kurz-Studie, die vor dem Hintergrund der aktuellen Gaskrise durchgeführt wurde, unterstützen wir die Proteste gegen die Räumung.

Anlässlich der beunruhigenden Bilder aus dem Dorf Lützerath rufen die Psychologists & Psychotherapists for Future (Psy4F) zu einer Deeskalation und einem Moratorium hinsichtlich der Räumung der Ortschaft und des Protestcamps auf.

Wegen der bevorstehenden Räumung rufen viele Klimaschutzgruppen dazu auf, an den nächsten beiden Sonntagen gegen das Abbaggern der Kohle unter dem Dorf Lützrath zu protestieren, mit einem Dorfspaziergang am 8.1. und einer Demo am 14.1.:
Bild: "Kommt alle zum Dorfspaziergang! Am Sonntag, den 8.1. um 11:30 an der Mahnwache Lüzterath.  Das ist nach aktuellem Stand der letzte Sonntag mit legalem Zugang nach Lützerath."
Bild: "14. Januar 2023 Auf nach Lützerath! Demo um 12 Uhr Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit!"
Mehr dazu bei Fridays for Future Deutschland.



Vorbereitungen, Vernetzung und Infoveranstaltung in Bingen

Die Binger Gruppen von Fridays for Future und Extinction Rebellion haben morgen zwei Veranstaltungen geplant:

Bild: "Infoabend Lützerath a, 7.1. um 19 Uhr im JuZ Bingen, Mainzer Str. 103A"
Einladung von Fridays for Future Bingen zum Infoabend Lützerath:

"Im Zuge der angelaufenen Räumung möchten wir euch zu einem Infoabend zum Thema Lützerath einladen.
Du möchtest mehr über Lützerath und die Situation vor Ort lernen? Du suchst noch Menschen, mit denen du dich vernetzen kannst? Du möchtest gerne wissen, auf welche Weise du aktiv werden kannst, um dafür zu sorgen, dass #Lützerathbleibt?
Dann komm am 07.01. um 19:00 Uhr ins JuZ Bingen (Mainzer Straße 103a)
Es wird eine Präsentation über den Ort, die Historie des Braunkohlereviers im Rheinland und die aktuelle Situation geben und wir werden den Abend für Vernetzungsarbeit nutzen, um uns gegenseitig im Klimaaktivismus zu unterstützen, Plakate malen und Ideen für weitere Aktionen sammeln.
Deshalb komm unbedingt vorbei und leite die Info weiter, wir freuen uns auf Dich!
Wann? 07.01.2023 um 19.00
Wo? JuZ Bingen (Mainzer Str. 103A)
#Lützilebt
#Lützibleibt"
Bild: "Aktionstraining von Extinction Rebellion Bingen am 7.1. um 13 Uhr"
Einladung von Extinction Rebellion Bingen zum Aktionstraining am 7.1., 13-18 Uhr:

Wenn man sich nicht nur an Demonstrationen, sondern auch an gewaltfreien Aktionen des Zivilen Ungehorsams beteiligen will, ist es sinnvoll, davor ein sogenanntes Aktonstraining zu absolvieren. So ist man auf verschiedene mögliche Situationen vorbereitet und kann diese besser mitgestalten.

Wer morgen beim Binger Aktionstraining mitmachen will, schreibe an bingen@extionctionrebellion.de

2022 wärmstes Jahr in Bingen seit Beginn der Aufzeichnung

Diagramm der mittleren Jahrestemperaturen in Geisenheim (DWD-Station 1580), 1885-2022.
Das Jahr 2022 war das wärmste Jahr im Raum Bingen (DWD-Messstation Geisenheim, Station 1580) seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen 1884/85.

Die Jahresmitteltemperatur betrug 12,43 °C, das bisherige Rekordjahr war 2018 mit 12,31 °C. Die Normaltemperatur (das Mittel der Jahre 1961 bis 1990) im Raum Bingen beträgt 9,86 °C. Damit lag das Jahr 2022 im Raum Bingen 2,58 K über dem Normalwert. Zuletzt wurde die Normaltemperatur im Jahre 2010 unterschritten (mit 9,74 °C).

Alle Monate des Jahres 2022 lagen über den jeweiligen Normalwerten. Während April, September und Dezember weniger als 1 K zu warm waren, lagen Februar, Mai, April, Juli und Oktober mehr als 3 K über dem Normalwert, der August sogar 5,29 K. Mit einer Monatsmitteltemperatur von 23,32 °C war der August 2023 der heißeste je im Raum Bingen gemessene August, knapp vor dem bisher heißesten August im Jahre 2003 mit 23,27 °C. Der Oktober war im Raum Bingen mit 13,16 °C der zweitwärmste Oktober seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, wärmer war einzig der Oktober 2006 mit 13,32 °C.

Die meteorologischen Sommermonate (Juni, Juli, August) 2022 waren mit einer Mitteltemperatur von 21,77 °C (3,9 K über dem langjährigen Mittel) die zweitwärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1884/85, nur der Sommer 2003 war mit 21,90 °C wärmer. Die Herbstmonate (September, Oktober, November) waren mit einer Mitteltemperatur von 21,01 °C (2,05 K über dem langjährigen Mittel) die drittwärmsten nach dem Herbst 2006 und dem Herbst 2014.

Insgesamt lässt sich anhand der Geisenheimer Daten die menschengemachte Erderhitzung auch im Raum Bingen deutlich nachvollziehen: Die wärmste Dekade im Raum Bingen seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen 1884/85 war das Jahrzehnt von 2013 bis 2022, die kälteste Dekade das Jahrzehnt von 1887 bis 1896.

2022 war das wärmste Jahr seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen, 2018 das zweitwärmste, 2020 das drittwärmste, 2014 das viertwärmste, 2019 das fünftwärmste. Das kälteste Jahr im Raum Bingen seit 1884/85 war das Jahr 1940 (mit einer Jahresmitteltemperatur von nur 8,33 °C und damit 4,10 K kälter als das Jahr 2022), gefolgt von den Jahren 1888, 1887, 1890 und 1956. Im Jahre 1956 fror der Rhein bei Bingen das letzte Mal vollständig zu.

Klimafasten und mehr

Die Churches for Future Bingen haben für das erste Halbjahr 2023 einiges geplant. Mit dabei sind die VHS, das KuKuBi, der Förster vom Revier "Heilig-Kreuz", diverse Vortragende (darunter auch ein paar von uns), und die KLimaschutzmanagerin von Bingen.
Mehr Infos:

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Scientists for Future Bingen

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S4F BINGEN
Team: Prof. Dr. Katharina Eckartz (Volkswirtschaftslehre, Agrarpolitik und Ressourcenökonomie), Prof. Dr. Urban Weber (Physik und angewandte Materialwissenschaften), Dr. Esther Brendel (Psychologie und Biologie), Dr. Heiko Brendel (Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft), Dipl.-Ing. M.Sc. Martin Grüger (Nachrichtentechnik und Electronics), M.Sc. Psych. Sabine Wahler (Psychologie und Psychotherapie), Dipl. Ing. Edith Peter (Umwelt- und Hygienetechnik)


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