Offener Brief für deutlichere klimabezogene Maßnahmen der Stadt Bingen

Lieber Oberbürgermeister, lieber Bürgermeister, liebe Dezernenten, liebe Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Bingen,

Nun ist der Wahlkampf auch in Bingen angekommen. Ein besonders wahlkampfwirksames Thema in diesen Tagen ist der Klimaschutz. Plötzlich präsentiert sich jeder als aktiver Klimaschützer, und in der letzten Zeit waren einige Artikel in der AZ zu diesem Thema zu lesen, u.a. auch der Binger Oberbürgermeister Thomas Feser, der ordentlich austeilt gegen die anderen Parteien und leider auch gegen Bürger*innen, die sich mit viel Motivation für eine klimafreundlichere Stadt Bingen einsetzen.

Das ist schade, denn es gäbe so viel zu tun und wenn einer dem anderen die Schuld gibt, kommen wir nicht weiter.

Es ist sicher ein Erfolg, dass die Transferstelle für Rationelle und Regenerative Energienutzung Bingen (TSB) und das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) Birkenfeld im Auftrag der Stadt vor fast 10 Jahren ein Klimaschutzkonzept entwickelt hat. Es ist aber seither nicht aktualisiert und auch kaum umgesetzt worden. 

Neulich, bei der Fahrraddemo „BIN radeln – aber sicher“ ging es bei weitem nicht nur um den Schwachpunkt „Bahnübergang am Starkenburger Hof“, sondern auch um viele andere kritische Stellen für den Radverkehr in Bingen, die ebenfalls angesteuert wurden. 

Nur um das richtigzustellen, alle im Bürgerentscheid ausgewiesenen Radunterführungen sahen gemeinsame Nutzung durch Fußgänger vor. Womit die auf der Fahrraddemo geäußerte Kritik auch auf diese Planung zutrifft. Darüber hinaus hatte sich der Bürgerentscheid zu diesem Thema an alle Bürger*innen gerichtet und wurde nicht allein durch die Initiatoren der Fahrraddemo entschieden.

Wir vermissen in diesem Zusammenhang in der öffentlichen Kommunikation und  Berichterstattung den Blick auf das große Ganze. Es entsteht der Eindruck, dass bei der Entwicklung einer klimafreundlichen Mobilität der Wegfall von Parkplätzen und generell die Schonung von Interessen der Autofahrer*innen im Fokus sind (siehe AZ vom 03.07.2021: „Radverkehr ins Rollen bringen“). 

Unsere Stadt wird aufgrund ihrer geografischen Lage besonders hart vom Klimawandel betroffen sein, siehe die Studie unter Beteiligung der TH Bingen „Welterbe Oberes Mittelrheintal von Klimawandel betroffen“ (AZ vom 29.06.2021). Wir brauchen nun ein schnelles, aktives Miteinander, um Lösungen für eine gemeinsame Zukunft trotz unausweichlichem Klimawandel zu entwickeln und zügig umzusetzen. 

Was die aktuelle Klima-Krise erfordert, sind keine inhaltsleeren Worthülsen noch Schuldzuweisungen und auch nicht der Verweis auf historische Pilotprojekte. Diese Krise, die uns noch härter treffen wird als die Corona-Pandemie, braucht Mut, Engagement, kreative Ideen und Durchsetzungsvermögen. 

Also, lieber Herr Feser, liebe Dezernenten und lieber Stadtrat: Sie haben es in der Hand, Bingen auf den Weg zu einer klimaverträglichen Stadt zu bringen. Nutzen Sie im Energiebereich den Rückenwind aus dem rheinland-pfälzischen Koalitionsvertrag und schaffen Sie kommunal die Voraussetzungen, dass die ambitionierten Ausbauziele für Photovoltaik und Windkraft lokal umgesetzt werden können. Ergreifen Sie im Verkehrsbereich die Initiative. Machen Sie Bingen zu einer radfahrfreundlichen Stadt, die den Binger Bürger*innen einen sicheren Radverkehr in und aus der Stadt ermöglicht und Bingen zu einer attraktiven Station für den zunehmenden Radtourismus macht. Setzen Sie auf ökologisch nachhaltige Formen des Tourismus. Binden Sie die Binger Bevölkerung und die Angehörigen der TH Bingen ein.

Machen Sie den Klimaschutz zum Ziel mit der höchsten Priorität in Ihren Fraktionen, damit die klimapolitischen Ambitionen nicht an fehlenden Mehrheiten scheitern. Dann kann die Stadt Bingen einen echten Beitrag leisten zu einer modernen Klimapolitik, die in allen Wahlprogrammen in verschiedener Form angesprochen wird, ob als „klimaneutrales Industrieland“ oder unter den Stichworten „Lebensgrundlagen schützen“, „klimaneutrales Deutschland“ oder auch „Klima- und Umweltschutz durch Innovation“. 

Wir als zivilgesellschaftliche Gruppen befürworten jedenfalls deutlichere klimabezogene Maßnahmen der Stadt Bingen z.B. in den Bereichen Mobilität, Bauen und Energie. Wir rufen die Binger Stadtpolitik auf, sich zusammenzuraufen und solche Maßnahmen auf den Weg zu bringen, gemeinsam mit den Bürger*innen und Unternehmen, die hier längst schon weiter sind als die Politik. 

Parents for Future Bingen

Scientists for Future, RG Bingen

Fridays for Future Bingen

Churches for Future Bingen

„Mit diesem Plan verfehlt Rheinland-Pfalz seinen Beitrag zum 1,5 Grad Ziel“

Zusammen mit anderen Scientists for Future und Klimaschützern aus Rheinland-Pfalz haben wir heute ein Statement zum Koalitionsvertrag der neuen Ampelregierung veröffentlicht.

Ergebnis: Der Koalitionsvertrag enthält zwar bereits einige gute Ansätze, diese sind jedoch insgesamt (noch) nicht ausreichend zur Einhaltung des CO2-Restbudgets für Rheinland-Pfalz. Das CO2-Budget ist die Menge CO2(-Äquivalente), die insgesamt noch ausgestoßen werden darf, wenn die 1,5-Grad-Grenze mit 50 %iger Wahrscheinlichkeit eingehalten werden soll.

Hier geht’s zum kompletten Statement:
https://klimawahlen.de/rlp/statement-zum-koalitionsvertrag/

Mittlere Junitemperaturen im Raum Bingen, 1885-2021

Nachdem April und Mai 2021 an der Messstation Geisenheim deutlich kühler waren als die jeweiligen Monatsnormalwerte der Jahre 1961 bis 1990, war der Juni 2021 mit 20,71 °C deutlich wärmer als der Normalwert (17,03 °C). Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Geisenheim im Jahre 1885 handelte es sich zusammen mit dem Juni 1976 um den drittwärmsten Juni, nur die Jahre 2003 (21,68 °C) und 2019 (21,24 °C) waren wärmer. Seit dem Jahr 2014 war jeder Juni in Geisenheim wärmer als der Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990. Die drei kältesten Junimonate in Geisenheim waren 1923 (12,9 °C), 1916 (13,8 °C) und 1956 (14,5 °C).

Mittlere Maitemperaturen im Raum Bingen, 1885-2021

Der Mai 2021 war im Raum Bingen (Messstation Geisenheim) mit einer Monatsmitteltemperatur von 11,93 °C sehr kalt, der Monat lag 1,97 K unter dem Normalwert der Jahre 1961 bis 1990. Zuletzt war der Mai vor 30 Jahren, im Jahr 1991, kälter.

Seit Messbeginn in Geisenheim (1885) waren über 90 Prozent der Maimonate wärmer als derjenige des laufenden Jahres. Dafür war eine auch schon den April bestimmende, ungewöhnlich stabile Wetterlage verantwortlich: Ein Hochdruckgebiet über Westeuropa und ein Tiefdruckgebiet über Osteuropa, die zusammen Kaltluft aus Skandinavien nach Mitteleuropa transportierten – und zugleich zu ungewöhnlich hohen Temperaturen in Nordwestrussland führten, die deutlich über dem Normalwert lagen.

Mittlere Apriltemperaturen im Raum Bingen, 1885-2021

Der April 2021 war im Raum Bingen (Messstation Geisenheim) mit einer Monatsmitteltemperatur von 8,19 °C außergewöhnlich kalt, der Monat lag 1,28 °C unter dem Normalwert der Jahre 1961 bis 1990. Zuletzt war es im Jahr 1986 in einem April im Mittel kälter. Seit Messbeginn in Geisenheim (1885) waren fast 85 Prozent aller Aprile wärmer als der April des laufenden Jahres. Dafür war eine für den Frühling ungewöhnlich stabile Wetterlage verantwortlich: Ein Hochdruckgebiet über Westeuropa und ein Tiefdruckgebiet über Osteuropa, die zusammen Kaltluft aus Skandinavien nach Mitteleuropa transportierten.

Mittlere Märztemperaturen im Raum Bingen, 1885-2021

Der März 2021 war in Bingen nicht besonders warm. Dennoch lag der vergangene Monat mit 6,67 °C fast 1 °C über dem langjährigen Mittel von 1961 bis 1990. Den wärmsten in Bingen gemessene März gab es 2017 mit einer mittleren Monatstemperatur von 9,39 °C.

Klima-Wahlcheck zur Landtagswahl – Ergänzung für Bingen

Wir haben die Direktkandidatinnen und -kandidaten des Wahlkreises 30 (Bingen am Rhein) gebeten, acht Fragen zu Klimaschutz, Biodiversität und Nachhaltigkeit zu beantworten.

Aufgrund der nur noch kurzen Zeit bis zum Wahlsonntag haben wir die Fragen des landesweiten Klima-Wahlchecks auf eine pro Sektor gekürzt. Auch haben wir die Kandidatinnen und Kandidaten dazu eingeladen, bei ihren Antworten vor allem ihre persönlichen Prioritäten und den Lokalbezug zum Wahlkreis hervorzuheben.

Wir haben unsere Fragen an alle acht Direktkandidatinnen und -kandidaten unseres Wahlkreises gesendet. Vier von ihnen haben geantwortet. Hier abgebildet in der Reihenfolge des Eingangs bei uns.

Verspätet geantwortet hat:

Wir danken ihnen, dass sie ihren Wählerinnen und Wählern diesen Einblick ermöglichen!

Bisher nicht geantwortet haben (in alphabetischer Reihenfolge): Stefan Bastiné (CDU), Rene Paschold (DIE LINKE) und Norbert Schwarz (AfD).

Hier finden Sie die Antworten:

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Scientists for Future aus Rheinland-Pfalz veröffentlichen zusammen mit anderen For-Future-Gruppen den „Klima-Wahlcheck RLP“

Am 14. März wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. Die Klimakrise ist die größte Herausforderung, vor der Politik und Gesellschaften weltweit stehen. Relevante Maßnahmen für den Klimaschutz können und müssen auch auf landespolitischer Ebene getroffen werden.

Dabei sind die nächsten 5-6 Jahre entscheidend. Noch können wir die Erderhitzung auf 1,5 °C begrenzen. Noch können wir gefährliche Kipppunkte im Klimasystem und eine sich selbst verstärkende Klimakatastrophe vermeiden. Aber dafür müssen jetzt die Parteien in die Parlamente, die sich für echten Klimaschutz und Klimagerechtigkeit einsetzen.

Die am 14. März zur Wahl stehenden Parteien vertreten dazu teils erheblich
unterschiedliche Positionen. Der Klima-Wahlcheck, der am 18.2. veröffentlicht wurde, und an dem wir Binger Scientists for Future mitgearbeitet haben, soll dabei helfen, diese Positionen zu vergleichen und damit eine informierte Wahlentscheidung bei der Landtagswahl zu treffen.

Mehr Details gibt es auf der Webseite: https://klimawahlen.de/rlp

Am wichtigsten ist auf jeden Fall: Verschenken Sie Ihre Stimme nicht. Gehen Sie wählen – am besten mit dem Briefwahlumschlag zum nächsten Briefkasten!